zurück Druckansicht versenden Lassen Sie sich diesen Artikel vorlesen!vorlesen

 Badische Zeitung vom Mittwoch, 4. Juni 2008 

Die Odyssee der schönen Mariam Abo

Samuel Wilsis Stück "Das ewige Lied" im E-Werk Freiburg

Bildmächtig und voller Archetypen — so kennt man das afrikanische Märchen. Wie gut sich aber auch scheinbar moderne Themen wie Migration und interkulturelle Liebe in diese Erzähltradition weben lassen, zeigt der togolesische Drehbuchautor und Regisseur Samuel Wilsi im Freiburger E-Werk mit seinem Stück "Das ewige Lied" . Das hat mit dem Interkulturellen deutsch-afrikanischen Verein als Projektträger beim "Literatursommer 2008" der Landesstiftung Baden-Württemberg gewonnen. Jetzt brachten Wilsi und sein neugegründetes "Theater Silhouette" nicht nur ein dreistündiges Spektakel mit Schauspiel, Livemusik und Tanz auf die Bühne, sondern auch eine Vielfalt an Hautfarben und Kulturen.

Gemächlich fängt es an, denn trotz rasanter Trommelrhythmen (Pape Dieye, Annette Kalomba, Karolin Stächele) tickt die Zeit nicht westlich: Eine Geschichte, so alt wie die Welt, verspricht der Erzähler (Kofi Onny) und fügt ein schalkhaftes "Oder haben Sie es etwa eilig?" hinzu. Dank schauspielerischer Leistung und unterschiedlicher Stilmittel bleibt die Odyssee der schönen Mariam (Vida Ampomah) nach Deutschland kurzweilig. Geschickt jongliert Wilsi mit Bildern und Klischees und mischt seinen Geschichtenfluss mit originellen Ideen auf: Ist der Magier in Afrika ein ambivalentes Kasperlewesen, irrt sein westliches Pendant als verrückt gewordene Pennerin durch die Straßen. Nach wilden Stammestänzen (Ali Napoe, Sire Doumbouya und Anddy di Oliveira) verfällt Mariam dem Zauber des Walzers, während eine grün gewandete Lady in Opernmanier Gestrenges über den heiligen Montagabend trällert. Wenn der Autor selbst an der Grenze zwischen den Welten auftritt, sind ihm seine Figuren längst entglitten.

Der Rest ist poetisch wie im Märchen: Ausgerechnet der blonde Sohn eines Schornsteinfegers (Michael Labres) wird Mariams Traummann; und auch seine Jugendfreundin Julia, die nur weiße Pullis stricken kann, ist eine pfiffige Allegorie für manches Denkverbot. Der Schluss ist leider etwas schlicht geraten. Eine sehenswerte Hommage an eine Welt der vielen Farben ist Samuel Wilsi aber allemal gelungen.

Marion Klötzer

— Weitere Aufführungen: 6. und 7. Juni , 20 Uhr, E- Werk Freiburg (mit Publikumsgespräch); 26. Juli, 21 Uhr, Steinhalle, Emmendingen. 01805/ 55 66 56.

Anzeige

schliessen Druckansicht versenden oben